Nordwand des Bernsteinzimmers im Katharinenpalast in Sankt Petersburg/RUS, Foto: E.ON Global Commodities SE
Nordwand des Bernsteinzimmers im Katharinenpalast in Sankt Petersburg/RUS, Foto: E.ON Global Commodities SE
Nordwand des Bernsteinzimmers im Katharinenpalast in Sankt Petersburg/RUS, Foto: E.ON Global Commodities SE
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kunstgeschichte

ANTIKE

'Oh du Träne der Isis' werden alt ägyptische Juweliere vielleicht ausgerufen haben, als vor etwa 5.000 Jahren mit einer Karawane die ersten goldglänzenden Schmucksteine aus Fremdland hinter dem großen Meer eintrafen. Jütländischer Bernstein war so edel und kostbar, dass er als Grabbeigabe für Königinnen die Reise zum jenseitigen Leben antreten durfte. Auch von den alten Griechen wurde der sagenumwobene Stein aus dem Norden zu Schmuck verarbeitet oder als Tauschmittel verwendet. Im kaiserlichen Rom galt geschnitzter oder eingefasster Bernstein als Luxusgut; Namen wurden darin graviert, prächtige Trinkpokale aus samländischen Bernstein gefertigt. Ein winziges Figürchen daraus kostete mehr als ein Mensch auf dem Sklavenmarkt.

BERNSTEINZIMMER I

Alle Bernsteinkünste aller Zeiten wurden zur Errichtung des legendären Bernsteinzimmers aus Abertausenden Einzelteilen benötigt, das zuweilen als 8. Weltwunder bezeichnet wird. 1701 mit den Arbeiten begonnen wurde  der Raum mit den kostbaren Wandvertäfelungen aus Bernstein 1716 vom preußischen König Friedrich Wilhelm I an den russischen Zaren Peter den Großen verschenkt. Im Gegenzug erhielt der Soldatenkönig für seine Leibgarde aus Russland die legendären  'Langen Kerls'.

1755 wurde von Zarin Elisabeth ein Raum im Katharinenpalast in Zarskoje Selo eingerichtet, in dem die Wände dauerhaft mit den Bernsteinpaneelen verkleidet wurden. Dort verblieb das Bernsteinzimmer dann fast zwei Jahrhunderte. 1941 wurden die Paneele von der Deutschen Wehrmacht demontiert und im Königsberger Stadtschloss erneut aufgebaut. 

Test
Knut Rudloff 'testet' den ersten Mercedes-Benz aus russischer Produktion, Foto: Jaroslaw Suchorski/Bernsteindirekt.de

Nachdem das Stadtschloß vor dem Anrücken der Roten Armee evakuiert werden musste, verlieren sich die Spuren des legendären Bernsteinzimmers. Unzählige Schatzsucher begaben sich bis heute vergeblich auf die Suche nach den Paneelen, deren Wert nach Schätzungen weit über 100 Millionen Euro betragen dürfte.

BERNSTEINZIMMER II

Seit 1976 arbeiteten dutzende russische Bernsteinhandwerker im Katharinenpalast an einer Rekonstruktion des Bernsteinzimmers. Die Fertigstellung konnte Dank der finanziellen Unterstützung durch einen deutschen Energiekonzernes im Mai 2003 anlässlich des 300-jährigen Stadtjubiläums in Anwesenheit von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Präsident Wladimir Putin gefeiert werden. Seitdem ist das Bernsteinzimmer II der Öffentlichkeit zugänglich.

Späte Neuzeit

Wenn man Bernstein mit Kunst oder Kunsthandwerk in Verbindung bringt, muss man nicht sofort an die eben beschriebene Superlative denken. Die Zunft der Bernsteinschnitzer und -drechsler schuf im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche sakraler Kunstwerke (Hausaltare, Heiligenbilder, Kreuze mit Bernsteinintarsien), prunkvoller Gebrauchsgegenstände (Möbel, Schachspiele, Lampenschirme) sowie repräsentativer Bestecke und Pokale. Weitere Kunstgegenstände aus Bernstein sind die verstärkt in den 1930er Jahren hergestellten Schatullen und andere Gegenstände für den häuslichen Gebrauch. Aufwendig geschnitzte Tierfiguren und Nachbildungen von Schiffen erfreuen auch heute noch zahlreiche Sammler.